Der Papst freut sich immer über Besuch, egal wie er gerade heisst, ob Sie ihm nun einfach gratulieren wollen, den Ostersegen abholen oder nur mal so vorbeischauen.
Gästezimmer sind freilich rar bei seiner Heiligkeit. Schließlich sind dauernd aufmüpfige Pfarrer zu beherbergen, denen die Leviten gelesen werden müssen. Aber keine Bange, wir wissen da was, ganz in der Nähe, komfortabel, elegant und diskret. Und nicht einmal weit weg vom Petersplatz – dann müssen sie nicht so früh aus den Federn, um sich den Segen „Urbi et Orbi“, für die Stadt, die Welt, und natürlich auch für sich ganz persönlich abzuholen. Unser Tipp: der Borgo Nuovo. Dieses Viertel ist bei Römern als Wohngegend beliebt, nicht überlaufen und doch zentrumsnah.
Zwei Faktoren trüben mitunter den Besuch der Ewigen Stadt: andere Touristen und einheimische Verkehrsteilnehmer. Kaum ein Zebrastreifen, der nicht zugeparkt ist, die engen Gassen des Zentrums sind mit dicken Limousinen vollgepfercht. Im Borgo Nuovo hingegen geht es gemütlicher zu, geradezu dörflich erscheint das ordentlich rechtwinkelig angelegte Viertel am rechten Ufer des Tiber, im Schatten von Vatikan und Engelsburg.
Dabei betritt man hier, vom Flughafen mit dem Bus in die Stadt kommend, auf der Piazza Cavour sogar erstmals heiligen römischen Boden! Der wird übrigens gerade eifrig umgegraben. Das Denkmal des ehrwürdigen Camillo Benso di Cavour, Einiger und erster Ministerpräsident Italiens, hält sich wacker inmitten der Baugrube, Kranarme umschwirren sein stolzes Haupt, hektisch bahnen sich hupende Vespas den Weg durch den Morgenverkehr.
Es empfiehlt sich, den Tag bei einem Cappuccino mit Cornetto (wie das Kipferl hier heißt) gemütlich anzugehen, und sich auf den Rhythmus einzustellen. Aber nicht hier, sondern einen Block weiter. Direkt am Fluss bei der Ponte Cavour stehen Tischchen vor der Tür des Café Antonini, vormals legendär als das Ruschena. Dort kann man in der Morgensonne die Dottores und Avvocatos beobachten, die am Weg zu Gericht schnell noch diskrete Details besprechen, elegante Damen auf die Wangen küssen, oder einfach nur „bella figura“ machen. Denn darauf kommt es in Rom vor allem an: den Stil wahren, gepflegt auftreten, etwas darstellen. Im Antonini pflegen einige beneidenswerte Müßiggänger aus Roms ältesten Familien zu verkehren, von denen uns besonders einer beeindruckt hat, der allmorgendlich, natürlich nicht zu zeitig, hier seinen ersten Espresso nimmt – das komfortable Beinkleid aus Jogger-Material, freilich im Anzughosenschnitt maßgeschneidert und mit akkurater Bügelfalte.
Gestärkt überschreiten wir alsdann den Tiber, im linken Augenwinkel muskulöse junge Römer, Mitglieder altehrwürdiger Rudervereine, die ihre durchtrainierten Körper stählen, rechts schweift der Blick über den Justizpalast, in dem auch heute wieder ein Prozess gegen ein ehemaliges Staatsoberhaupt vertagt wird. Gleich danach zieht die imposant-nüchterne Architektur des Museo dell’ Ara Pacis alle Aufmerksamkeit auf sich. Den modernen Richard-Meier-Entwurf als Hülle für das alte Denkmal der Pax Romana und des Kaiser Augustus haben viele Römer anfangs gar nicht goutiert. Der postfaschistische nunmehrige Bürgermeister Gianni Alemanno drohte im Parlamentswahlkampf 2008 sogar damit, den Glasbau gleich nach seiner Wahl abreißen zu lassen, doch er steht glücklicherweise noch immer. Den Tempel innen drinnen hat man schon früher mal aus dem Weg geräumt, ursprünglich stand er nämlich nicht dem Hochwasser ausgeliefert am Ufer des Tiber sondern an prominenter Stelle neben dem Mausoleum des Augustus am Marsfeld.
Die Via Tomacelli entlang, vorbei an einem kleinen Gemüsemarkt, gelangt man direkt auf den Corso. An der ersten Ecke haben die Fendis ihre Kommandozentrale, von dort an lässt man sich mit der Menge treiben, am besten nach rechts, hinunter auf die Piazza del Popolo, wo gleich mehrere Kirchen der allerheiligsten Maria geweiht sind, drei um genau zu sein.
Die Gotteshäuser dienen uns als Wendemarken, wir huldigen in der Via del Babuino weiter der italienischen Luxusgüterindustrie. Die Nähe zur Spanischen Treppe ist unschwer am schwindenden Anteil shoppender Römer und dem ansteigenden Aufkommen uneleganter Tagestouristen zu erkennen. Jetzt machen sich langsam auch die Strapazen des Spaziergangs bemerkbar. Herrschte nicht solch ein Trubel, könnte man stilvoll im Caffè Greco einkehren, in der Hochsaison wählt man besser die Antica Enoteca in der Via della Croce als Zufluchtsort, wo man zuvorkommend bedient wird und hervorragend speist.
Gestärkt begeben wir uns wieder auf die Via del Corso und flanieren in Richtung Pantheon. Kurz bevor dieses unglaubliche Bauwerk in Sichtweite kommt, lohnt es sich, auf die geistlichen Herren zu achten, die untadelig gekleidet aus den Geschäftslokalen in der Gegend um die Piazza del Colegio Romano und der Via del Seminario treten. Ganz eindeutig unterliegen auch die Karrierekleriker, die die einschlägigen Eliteinstitute der Kurie besuchen, dem Diktat der allgegenwärtigen römischen Eleganz – man sieht auffällig viele hervorragend gekleidete kirchliche Würdenträger, die eindeutig nach Höherem streben und sich ganz offensichtlich der Dienste teurer Schneider bedienen.
Fleischliche Genüsse befriedigt Angelo Feroci in der Via della Maddalena. An seinem Schaufenster kommen Gourmets einfach nicht vorbei. Die Filets in Lardo, um wohlfeile 50 Euro das Kilo, sind allein schon optisch ein Kunstwerk, und korrekt zubereitet ein glänzendes Exempel für die hohe Schule der italienischen Kulinarik. Glücklich, wer ein Apartment mit eigener Küche bewohnt, und sich nicht mit einer Hotelküche bescheiden muss! Apropos: Sollte Ihnen noch irgendetwas zum gastrosophischen Selbstversorgerglück fehlen – bei Castroni in der Via Cola di Rienzo werden Sie es finden. Von rustikalen Kutteln bis zum feinsten Thunfisch kriegt man hier alles, darunter auch frischeste Salate, beste Weine und delikate Süßigkeiten. Womit wir wieder im Borgo Nuovo angelangt wären und somit fast schon wieder daheim sind. Die Cola di Rienzo bildet mit der Via Crescenzio und deren Seitengassen ein lebendiges Einkaufsviertel, wo sich die Einheimischen – ohne Dolce-Vita-Aufpreis wie drüben am Corso – mit all jenen Dingen eindecken, die Rom zu dem machen, was es ist: eine Stadt voll Stil, Eleganz, Geschmack und Lebensart. Wenn Sie solcherart Ihr weltliches Glück gefunden haben, können Sie morgen ganz entspannt nur einen Steinwurf entfernt am Petersplatz Ihren Segen abholen. Sie wissen schon: Urbi et Orbi – für die Stadt und die Welt. Und spätestens dann ist ihnen auch klar, warum die Stadt als erstes genannt wird.
Informationi
Buona Notte!
La Casa Roma bietet Appartements in ganz Rom an, eines davon heißt „Romina“, verfügt über ein Schlafzimmer und liegt zwischen Vatikan und Engelsburg im Borgo Nuovo. Vier Personen kommen gleich nebenan bequem im „Roberta“ unter. Die Appartements liegen ganz in der Nähe der Metrostation Ottaviano und dem Busterminal auf der Piazza Cavour. Appartements bietet man ab € 800,- in der Woche, die schöne Wohnung mit Traumblick am Tiber um € 1.700,-, in der Alta Stagione im Hochsommer gibt´s Sconti! www.lacasaroma.com
Buon Appetito!
Zum Frühstück sei die Latteria im in der Borgo Pio empfohlen. Hier trifft man auf Handwerker und Bewohner aus dem Viertel, die noch genauso ursprünglich sind wie das Interieur des Cafés.
In der Trattoria il Sorpasso grüßt gleich am Eingang Prosciutto am Knochen verschiedenster Provenienz und diverser Geschmacksrichtungen. Und wie der Schinken stammen auch alle anderen Zutaten sowie die zahlreichen Weine von ausgesuchten Produzenten aus den renommiertesten Delikatessenregionen Italiens. Via Properzio 31–33, www.sorpasso.info
Buon Divertimento!
Bekanntlich haben sich die Päpste sehr um die Förderung der schönen Künste verdient gemacht, alle Räume immer hübsch ausmalen lassen, natürlich nur von den jeweils besten Malern ihrer Epoche. Was nicht „fresco“ in den Verputz gepinselt werden konnte, hängt auf Leinwänden im Vatikanmuseum. Dort schlurfen die Massen pflichtschuldigst durch – doch erst sachkundige Erklärungen öffnen einem die Augen für die interessantesten Details. Die Kunsthistorikerin und Restauratorin Waldrudis Hoffmann kennt sie alle (ebenso wie so manche Abkürzung an den langen Warteschlangen vorbei). Wem Anschauen allein nicht genügt, kann sich in ihrer Schule des Sehens auch der Kunst des Zeichnens nähern.
www.romschuledessehens.com
Extratipp: Alda Fendi, Erbin des berühmten Modeimperiums, hat sich der Kunst verschrieben. Ihre Stiftung fördert vor allem experimentelle Kunst, als Spielraum dient das alte Familienpalais auf dem Foro Traiano – was durchaus wörtlich zu verstehen ist: Videoinstallationen im Souterrain teilen sich den Raum mit den antiken Ruinen der Basilica Ulpia. 2000 Jahre römischen Kunstmäzenatentums kulminieren hier in atemberaubender Weise! Der Eintritt ist frei, über aktuelle Ausstellungen informiert die Boutique im Palazzo Fendi am Largo Carlo Goldoni in der Via del Corso.
www.fondazionealdafendi.it