homolka_reist

das essen ruft – in den süden!

So schlimm kann´s der Reisebranche heuer nicht gehen, fast täglich wird nun, am Beginn des Sommerflugplanes, am Flughafen Schwechat eine neue Destination gefeiert, neulich war das Catania, die Alitalia fliegt jetzt direkt hin. Fein, so kommt man rasch und unkompliziert in den Genuss süditalienischen Lebensgefühls, mediterranen Klimas und frischen Gemüses, kein Vergleich mit den eiskalten eingeschweissten Zombies in ihren Schneewittchensärgen aus den klinischen Supermärkten nördlich der Alpen. Ist Ihnen vielleicht nicht so wichtig, mir jedoch lässt die Aussicht auf lukullische Abenteuer im Radius von Chilometro Zero schon im CAT das Wasser im Munde zusammenlaufen.

Die Strecke bedient übrigens `Air One´, der Smart Carrier der Alitalia Gruppe, wobei smart vor allem ist, dass man als Passagier nur für den Transport zahlt, und nicht etwa das Catering. Man kann sich zwar von den netten Damen und Herren Kabinenpersonal ein Panino reichen lassen, muss aber nicht sein, gleich gibt´s ja Frutti di Mare direkt vom Schiff, wunderbar pflückfrischen Orangensalat, keine Sorge, ich hör schon wieder auf zu schwärmen.

Der Aeroporto Catania-Fontanarossa `Vincenzo Bellini´ befindet sich zwar auf der `falschen´ Seite der Stadt, nämlich im Süden, während das `Hotel Nettuno´ an der Küstenstrasse nördlich vom Zentrum liegt, doch weit ist´s nicht, ein netter Autista wartet auch schon. Er hat zwar keine von Bellinis Opern auf Lager, aber sachdienliche Hinweise, die Reise führt haarscharf am Stadtzentrum vorbei, die Kathedrale, wo Bellini begraben liegt sehe ich von hinten, das `Teatro Massimo Bellini´ aus der Ferne.

Die erste Erkundung führt natürlich ans Meer, das rauscht bemüht gegen die vierspurige und ambitioniert befahrene Viale Costiera an, verliert jedoch an den tiefschwarzen Felsen seine ganze Energie. Die natürlichen Wellenbrecher verdankt Catania dem Papa Etna, als dessen `schwarze Tochter´ sie auch gerne bezeichnet wird, der Vulkan hat 1669 dank einer ausgiebigen Eruption und dem resultierenden Lavastrom die Stadt fast vollständig mit der zähen schwarzen Masse überzogen, die Küstenlinie weit ins Meer hinaus geschoben, etwa zehn Meter ist die erstarrte Lava hier mächtig. Das stört die Angler aber gar nicht, nehmen sie halt lange Leinen, die sie weit hinunter in die Brandung werfen, werden schon wissen, was sie tun.

Das ist hingegen bei den zahllosen arbeitslosen Jugendlichen nicht so sicher, auf ein Grüppchen von solchen treffe ich im kleinen Fischerhafen von San Giovanni Li Cuti. Dort hat sich der Lavastrom gnädig gezeigt, statt meterhoch steil hinabzustürzen bildet die Küste hier eine kleine, relativ flache Bucht, sogar ein winziger Strand hat noch Platz zwischen den riesigen Felsbrocken gefunden. Diese `Cuti´, Formationen vulkanischen Ursprungs haben auch dem Hl. Giovanni zu seinem Nachnamen verholfen, abgesehen von der Kirche bilden noch ein paar winzige Häuschen den malerischen Ort, die Osteria und ein paar Bars und Restaurants vervollständigen diesen lebenswerten Flecken inmitten der Grossstadt.

Unten an der Mole lungern sechs Burschen herum, rollen sich Joints, albern herum, wer der Capo ist erkennt man sofort an seinem makellosen Trainingsanzug in `blu azzurro´, den coolen Sonnenbrillen und einem brandneuen Smartphone. Sofort nimmt er Kontakt auf, ausgesucht höflich, in sauberem, verständlichen Italienisch, erkundigt sich nach dem üblichen `woher, warum, wohin´. Sie wissen auch sofort wo `Vienna´ liegt, bis auf den einen mit den kleinen Äuglein, der hat wohl die Kontrolle über das Dope aber jene über den Konsum schon etwas verloren, `wie, Vietnam?´ fragt er verwirrt, wird aber sofort von seinen Freunden mit korrekten Infos versorgt.

Ob es solche Burschen wie sie in Wien auch gebe, die so rumhängen und rauchen würden, will der Capo wissen. Klar, versichere ich ihn, euch gibt´s überall, jung, zu viel Zeit, zu wenig Arbeit und Geld, und aus dem Netz kommt die gleiche Kultur. „Stimmt“, meint er, „wenigstens ist es bei uns schön und nicht zu kalt!“ Wir beobachten noch einen unentwegten Ganzjahresschwimmer, der sich umständlich in die Fluten begibt. Minutenlang sucht er torkelnd einen Weg durch die Klippen, dann steht er ewig bis zu den Waden im Wasser, benetzt Puls, Brust und Nacken, bekreuzt sich aufwendig mehrmals, küsst schliesslich ein Amulett, welches er an einer Goldkette um den Hals trägt und das wohl den Segen der Madonna sicherstellen soll. Endlich platscht er ins Wasser und setzt sich mit eigenartig wirkenden Kraulbewegungen in Bewegung. Ob das Meer den warm sei, will ich von meinen neuen Freunden wissen. Uurwarm, das ganze Jahr, versichern sie, aber reingehen, sie? Auf keinen Fall! Überhaupt müssen sie jetzt nach Hause, Mama wartet mit dem Essen, da trauen sich auch die kleinen Macho nicht zu spät zu kommen. Buon appetito, ragazzi!

Dieser Beitrag wurde am 2014/04/07 um 17:45 veröffentlicht und ist unter catania, italien, sizilien abgelegt. Lesezeichen hinzufügen für Permanentlink. Folge allen Kommentaren hier mit dem RSS-Feed für diesen Beitrag.

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