Golf von Oman, 22.April, 14:26
Nach einer Nacht im Wüstencamp sind wir frühmorgens mit den Land Cruisern aufgebrochen. Nichts als Sand, Dünen, Kamelherden, soweit das Auge reicht nur Beigetöne, der Himmel darüber knallblau, die Sonne schneidet bereits kurz nach Sonnenaufgang eine Schneise in den Scheitel. Gestern haben wir noch kurz ein Bad in einem Wadi genommen, die Felsen ringsum makelloser, schwarzer Basalt, der heftige Regen, den das unvermittelt über dem Gebirge aufgezogene Gewitter brachte nicht die ersehnete Abkühlung. Über den dunklen Stein fliessend verdampfte das Wasser umgehend, sofort war es wieder drückend schwül. Dafür kühlte es nachts in der Wüste auf knapp über Null Grad ab, die Morgentoilette bekommt da ganz abenteuerliche Züge.
Dafür ist es tagsüber geradezu angenehm, zwar immer noch heiss, 40 Grad hat es nun im Frühling, wenigstens nicht 46 wie vorgestern in Muskat, und auch keine 80% Luftfeuchtigkeit wie dort, staubtrocken hier. Rashid, unserer Fahrer meint, uns einen Gefallen zu tun, und fährt die Klimaanlage hoch, nichts für mich. Nein, Fenster auf, nicht zu viel, ein feuchtes Tuch eingeklemmt, wozu hab ich mir schliesslich diesen langen Fetzen neulich bei einem Strassenhändler gekauft. Er hat mir auch gezeigt, wie man ihn um den Kopf wickelt, jetzt sitz ich ganz authentisch am Beifahrersitz des Toyota, inklusive diesem deutlich riechbaren Kreuzkümmelaroma, aber es musste ja unbedingt seine eigene Kufyia sein, nicht so ein buntes Turistentücherl.
Nur einen knappen Kilometer sind wir anfangs auf einer Wellblechpiste unterwegs, wir begegnen ein paar PickUps mit Tanks auf der Ladefläche, aus denen Wasser plätschert. Danach bewegen wir uns ausschliesslich in den Dünen, nicht umsonst nennen Wüstenbewohner ihren Lebensraum „wasserloses Meer“, ein Wellenkamm folgt dem anderen. Ab und zu tritt eine flache verwitterte Gesteinsschicht an die Oberfläche, manchmal tauchen sogar Fossilien auf, versteinerte Moluskeln. Wir stoppen um zu photographieren, erkunden die Umgebung zu Fuss, da scheint uns eine olfaktorische Fata Morgana zu narren. Hier, umgeben von nichts als Sand und Steinen dringt mit einem Mal strenger Fischgeruch in die Nase.
Rashid grinst verschmitzt, lockt uns in den Wagen, erklimmt stürmisch die nächste Düne, hält oben an und präsentiert triumphierend die atemberaubende Aussicht. Der indische Ozean erstreckt sich vom Fuss der Düne bis zum Horizont, wir waren scheinbar den ganzen Tag am grössten Sandstrand der Welt unterwegs! Und direkt am Meer machen sich ein paar Fischer an ihrem Fang zu schaffen, unten angekommen erkenne ich, dass sie den Fisch ausnehmen, einsalzen, flach aufklappen, und dicht an dicht auf Schilfstrohmatten zum trocknen auflegen. Das machen sie schon seit Jahrhunderten so, der Trockenfisch wird dann mit Karawanen zu den Nomaden in die Wüste transportiert, eine über Generationen bewährte Methode, nicht mal die ubiquitären Thunfischkonserven gefährden die guten Geschäfte. Aber seit es Toyotas gibt haben die Fischer diversifiziert, mit denen bringen sie nämlich Frischware in die Oasen. Was auch die plätschernden PickUps heute Morgen tief drinnen in der Wüste hinlänglich erklärt!