homolka_reist

london für europäer

Eines sollte man sich von einem Shopping Trip nach London lieber nicht erhoffen: dass man, selbst wenn das Pfund nach dem Brexit nun an Wert verliert, auf Schnäppchenjagd gehen könnte! Anspruchsvolle Konsumenten hingegen werden ob der Fülle des Angebots auf höchstem Niveau ins Schwärmen kommen. Kaum sonst wo darf man eine derartige Dichte von Verschleissern erstklassiger Konsumgüter auf engstem Raum erwarten, abgesehen vielleicht von ausschliesslich dem Konsum gewidmeten Shopping Centern in den Emiraten die sich als Städte auszugeben versuchen oder den goldenen Quartieren östlicher Metropolen, in denen plötzlich und auf rätselhaften Wegen zu Wohlstand gekommene Neureiche ihrem Mammon huldigen. Die gibt es zwar in London auch, sie fallen aber kaum auf im Gedränge, und architektonisch schlägt der Royale Amts- und Wohnsitz ohnehin all seine Konkurenten um Längen.

Neue Bescheidenheit hat die Werbemaschine vor ein paar Jahren den Trend genannt, bei der schieren Menge der Konsumgüter zu sparen, im Gegenzug allerdings sich bei der Qualität nicht lumpen zu lassen, genau die richtige Einstellung für eine Reise an die Themse. Und wenn schon denn schon, schlagen Sie die Zelte gleich am Ufer auf, das Savoy böte sich an, Stammvater einer unüberschaubaren Zahl vonn Epigonen die sich den Namen als Symbol für Luxus nach altenglischer Art geliehen haben. Nur dass halt Keiner von ihnen dem Original gerecht wird, weder in Sachen stilsicher kurz vor der Grenze zum Kitsch stoppenden Ausstattung, die sowohl der Jugendstilarchitektur des Hauses als auch den Ansprüchen der verwöhnten Kundschaft gerecht wird, noch was Service oder Kulinarik anlangt. Und die American Bar gilt unter Kennern sowieso seit jeher als Richtschnur für Mixologen, Head Bartender Erik Lorincz ist für seine Neukreationen ebenso berühmt wie für die Meisterschaft, mit der er die Drinks seiner legendären Vorgänger Harry Craddock und Ada Coleman wiedererweckt, die als Mutter dieser Kunst in Ehren gehalten wird.

Bei den Drinks zu sparen wäre also der falsche Ansatz, die der Anreise vom Hotel hingegen kann man problemlos auf das kostspielige Taxi verzichten, das Savoy erreicht man blendend mit der Tube, die U-Bahn Station Covent Garden erreicht man selbst schwer beladen in wenigen Minuten problemlos zu Fuss. In der ehemaligen Markthalle gleich daneben hat sich ein sogenannter Foodcourt breit gemacht, auch so manche Boutique nutzt die helle, wettergeschützte Location, in der Fussgängerzone rundum geben Gaukler und Jongleure ihre Künste zum Besten. Und gleich hinter dem London Traffic Museum nebenan wartet das Royal Opera House mit seinem Angebot an hochkultureller Unterhaltung, das heben wir uns für den Abend auf, dann wird das West End seinem Ruf gerecht, kaum ein Block kommt ohne Theater aus.

Deren Facaden fehlt jetzt noch jeder Glanz, während blitzblank geputzte Auslagenscheiben nach Aufmerksamkeit heischen, Filialen der grossen Ketten drängen sich um den belebten Platz, während auf King und Floral Street Boutiquen von Paul Smith und Burberry den Appetit auf britischen Chic wecken. Mir hingegen läuft das Wasser im Munde zusammen als mir der Duft echten Espresso in die Nase steigt, so richtig starker Café ist vielleicht das Einzige, was das Savoy nicht bieten kann. Quelle der olfaktorischen Verlockung ist Carluccio´s Covent Garden, Jamie Olivers Lehrmeister hat hier eine Filiale seines Trattorie-Alimentari Imperiums angesiedelt, vielen Dank dafür und für die Missionierung einer seit seiner Ankunft zum Foodie Heaven gewordenen Stadt.

So gestärkt kann man sich getrost auf den Weg in Richtung Soho machen, stets durch kleine Gässchen, die sich jedem Versuch rechtwinkeliger Ordnung widersetzt haben, den Plan zum Wiederaufbau nach dem grossen Stadtbrand von 1666 hat man angeblich Philadelphia geschenkt, dort findet man sich jetzt zwar jetzt leichter zurecht, die Londoner wollten lieber weiter durch enge, gewundene Gassen schleichen. Die hunderttausend Menschen, die damals obdachlos wurden sind offensichtlich noch immer da, jetzt als Konsumenten, an Gelegenheiten sein Geld loszuwerden herrscht kein Mangel, für jede Vorliebe findet sich ein Spezialist. Von handgepflückter Schokolade bis zum Sneaker in jeder Farbschattierung der RAL Palette, aber auch Liebhaber längst woanders abgelegter Kleidung werden hier fündig. In einem beängstigend windschiefen Haus in der Earlham Street im Stadtviertel Seven Dials bieten Doug Gunn und Roy Luckett im Vintage Showroom die Beute ihrer Sammelleidenschaft feil, viele Stücke hatten schon ihren grossen Auftritt im Film, angepasst wird selbstverständlich so, dass es Keiner sieht.

An der Kreuzung mit der Shaftsbury Avenue empfiehlt es sich noch einmal den Kurs zu überprüfen, die Linie genau über Palace und Prince Edward Theatre in Richtung WNW führt geradewegs ins Herz von Soho, na ja, in Philadelphia würde es perfekt klappen, hier mäandern wir eben weiter bis wir Carnaby erreichen. Genau, die Strasse, welche die Swinging Sixties so bunt werden liess, wie Sie die erwachseneren unter uns in Erinnerung haben. Begonnen hatte der Boom mit John Stephens Boutique „His Clothes“, dem ersten modernen Herrenmodengeschäft, gleichzeitig revolutionierte Mary Quant mit Mini, bunten Strumpfhosen und Gummistiefeln die Frauenmode, „shocking“ für die konservativen Briten aber ein grosser Schritt für die Modeindustrie.

Genau wie jener über die Regent Street hinüber nach Mayfair, hier dominiert unübersehbar Status, Geld, gedeckte Farben und Nadelstreif, kaum verwunderlich, nur zwei Häuserblocks von der Carnaby Street entfernt ist die Savile Row immer noch das Rückgrat des korrekten Schneiderhandwerks. Zwar haben sich die sogar einige der angesehnsten Schneidermeister vor den horrenden Mieten ums Eck in Sicherheit bringen müssen, selten allerdings mehr als ein paar Häuser, ihre Klientel schätzt radikalen Wandel nicht sonderlich. Bei Denman & Goddard etwa kümmert man sich seit gut 200 Jahren um Königs-, Oberhaus und Hofstaat von Armloch bis Zwickel, die Geschäftsführenden Schneidermeister Peter Day, seines Zeichens Präsident der Bespoke Tailors Benevolent Association, und David Cook, vormals Dege Savile Row, könnten da Geschichten erzählen. Tun sie aber nicht, Diskretion ist Ehrensache, über persönliche Vorlieben und Lieblingsfarben wird standhaft geschwiegen, auch wenn letztere in Myfair unschwer zu erraten sind, das bunte Stecktuch gilt als Gipfel geschmacklichen Wagemuts, sonst eher fifty shades of grey in der City of London.

Und dann das: mitten unter all den staatstragenden Institutionen hat sich ein bunter Störenfried eingenistet, bunt leuchtet es aus dem Schaufenster, der Herr hinter dem Tresen trägt Rock, da haben sich doch glatt die swinging sixties nach Mayfair vorgewagt! Nicht nur mit ihrer Mode eckt Vivienne Westwood gerne an, auch dass sie sich als Sozialistin und Umweltschutzmissionarin outet passt so gar nicht hierher. Und doch gehört sie mit den zwei Geschäften auf der Conduit Street auch schon zum Londoner Modekulturerbe, das hat auch die Queen akzeptiert, ihr den obligaten Orden verliehen und sie zur Dame geadelt. In Mayfair findet man in den beiden sich gegenüber liegenden Geschäften da Herren-, dort Damenmode, in beiden natürlich auch die Unisexmodelle ihres Tiroler Gatten. Der ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass man die Dependance in Wien wieder in Eigenregie führt, ich erwähne das nur für den Fall, dass sich London heuer nicht ausgeht. Sollte dem aber doch so ein besuchen sie Dame Vivienne doch im Worlds End, jenem Geschäft, in dem die Punkmode ihren Anfang nahm. Ich habe den Königlichen Wohnsitz dafür ausgelassen, man muss Prioritäten setzen, habe ihn aber im Vorbeifahren vom Oberdeck des 22er Doppeldeckerbuses durch die Palace Gardens betrachtet. Fein, wenn verschrobene Tradition und punkige Gegenwart so nahe beisammen liegen!

WOHNEN

Schwer zu sagen, welche der 268 Zimmer und Suiten im Savoy am schönsten ist, beim Angebot „A Sunday in Savoy“ kann man um vergleichsweise günstige 440 Pound Sterling gustieren. Includiert ist da immerhin ein Dinner sowie das üppige Full English Breakfast, selbstverständlich auch im Bett. Selbstverständlich für zwei, eine menage a trois kostet nur tolerante 140 Pound Aufpreis!
The Savoy, Strand, London WC2R 0EU, +44 20 78364343
www.fairmont.com/savoy-london/

SHOPPEN

Admiral Vernon Antique Market – Van der Brit
In und um die Portobello Road in Notting Hill stöbern jedes Wochenende die Flohmarktfans, bei Admiral Vernon findet man die sesshaften Anbieter jederzeit unter einem Dach. Und bei Van der Brit die grösste Auswahl an Art Deco Schmuck! www.vanderbrit.co.uk
Unit 42 Admiral Vernon, 141 Portobello Road, W11 2DY; U: Ladbroke Grove

Rachel Ashwell Shabby Chic Couture
Kein Trend ist britischer als der mit der Patina, und Rachel Ashwell hält, was der Name verspricht. Vom royalen Teeservice über koloniales Geschirr bis zum Vintage Kleidchen! www.shabbychic.com
202 Kensington Park Road, W11 1NR; U: Ladbroke Grove

The Content Store
Genau der richtige Laden für Männer die sich modisch kleiden und doch auf Nummer Sicher gehen wollen: was Sie hier finden ist garantiert als Klassiker anerkannt und von erstklassiger Qualität!
28, Lambs Conduit Street, WC1N 3LE; U: Holborn

Pentreath & Hall
Man könnte meinen, hier ginge es oberflächlich zu, und läge gar nicht so daneben. Papier und Stoff, Tapeten, Tücher und Lampenschirme aber auch massivere Objekte findet man hier in den psychedelischsten Mustern. www.pentreath-hall.com
17, Rugby Street, WC1N 3QT; U: Holborn

Blade Rubber Stamps
Originelles Souvenir gefällig? Warum nicht einen Stempel nach Mass vom alteingesessenen Spezialisten, die originellen Motive wie Doppeldecker Bus und andere typische Motive findet man auch nebenan im British Museum, aber im Shop gibt´s viiiel mehr.
12, Bury Place, WC1A 2JL; U: Holborn

Privat White V.C.
Gefreiter White war ein Held des Ersten Weltkriegs, dementsprechend patriotisch und traditionell sieht das Angebot aus. Hier versorgt sich der Londoner Gentleman mit Freizeitmode, very british, auch für Ladies. www.privatewhitevc.com
73, Duke Street, W1K 5NR; U: Bond Street

The New Craftsmen
Gutes altes Kunsthandwerk, gleich 75 Mal, hier unter einem Dach in Mayfair. Ob Korbflechter, Sattler oder Töpfer, Holz-, Textil- oder Schmuckkünstler, alle sind sie hervorragend und britisch, manchen kann man auch bei der Arbeit zusehen.
www.thenewcraftsmen.com
34, North Row, W1K 6DG; U: Marble Arch

Trunk LABS
Nomen est omen, Trunk wäre der Koffer, den mann braucht, um die Beute heimzuschaffen, Luggage, Accessoires, Bags and Shoes vervollständigen das inhaltliche Alphabeth. www.trunkclothiers.com
34, Chiltern Street, W1U 7QH; U: Baker Street

The Vintage Showroom
Konziser get´s nicht, Vintage ist sowohl das Haus, das den Showroom beherbertgt, als auch die zur Schau gestellten Objekte. Die entstammen der privaten Sammelleidenschaft ihrer Eigentümer, hier trennen sie sich davon. Ungern!
14, Earlham Street, W10 5AP; U: Covent Garden

Vivienne Westwood
Erst, wenn man sieht, wie farblos sich die Londoner und -innen immer noch kleiden versteht man, wie provokant die alte Punkerin ihnen noch immer erscheinen muss. Ihren Wurzeln kann man im World´s End in der Kings Road in Chelsea nachspüren, in Mayfair hat sie sich inmitten des Luxusviertels mit zwei Shops aber auch schon breitgemacht. www.viviennewqestwood.com
18 + 44 Conduit Street, W1S 2YL; U: Oxford Circus
430 King´s Road, SW10 0LJ; U: Sloane Square

london_shopping_25juni.pdf

Dieser Beitrag wurde am 2016/06/26 um 05:06 veröffentlicht. Er wurde unter great britain, London abgelegt und ist mit , , , , , getaggt. Lesezeichen hinzufügen für Permanentlink. Folge allen Kommentaren hier mit dem RSS-Feed für diesen Beitrag.

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