35°37’N+24°47’O
29. Februar 2020, 00.45“
Plateia Petichaki, Rethymno, Kreta
http://www.rethimno.guide
Der aufmerksamen Leserin und dem interessierten Wienerabonnenten mag schon aufgefallen sein, dass sich unter den Reisebildern dieser Kolumne immer wieder solche griechischer Szenen finden. Kein Zufall, fürwahr, Hellas geht als Homolkas´ zweite Heimat durch, ist auch bis nach Kreta durchgedrungen. So war´s dann auch mehr Ehre als Überraschung, dass man mich heuer zum alljährlichen Karnevalsumzug nach Rethymnon eingeladen hat, zusammen mit ein paar deutschen Kollegen, die aber nie angekommen sind.
Passiert öfters, die Meisten können sich nicht vorstellen, wie schön Griechenland im Winter sein kann, kennen nur Strand, Sonne, Meer und Retsina. Fehler! Weil: die Gipfel der Weissen Berge machen ihrem Namen alle Ehre, schneebedeckt strahlen sie über dem frischen Grün der Hänge über´s blaue Meer, in einer windgeschützten Buchten frönen zwei lokale Omis dem bindegewebsstraffenden Bade. Selbst wenn man nicht gerade aus dem Salzkammergut kommt und 18 Grad als Badetemperatur missversteht kann man aber ungestraft den heftig aufzeigenden Frühling in etlichen Gast- und Schanigärten ausgiebig genießen. Und sich an der Vorfreude der schon als Prinzessinen oder Superhelden verkleideten Kleinen erfreuen.
Der Empfang war griechisch-herzlich, man hatte mir mit Manos Plaitis einen eloquenten Kontaktmann zur Verfügung gestellt, als Verkaufschef für den deutschsprachigen Markt des Grecotel Konzerns, der hier beheimatet ist, kennt er sich natürlich aus. Und seine Mutti ist mit der Vizebürgermeisterin zur Schule gegangen, in deren Pepi Boutique Hotel ich im Stadtzentrum mitten in der Action residierte. Donnerstag Abend besuchten wir gleich mal die Halle, in welcher die Wagen für die Umzüge vorbereitet wurden, letzte Details wurden unter Zuhilfenahme von auf der Esse gegrillten Souvlaki und selbstgebranntem Raki fertiggestellt, die Stimmung war grandios.
Am nächsten Morgen stand ein Termin bei der für Kulturangelegenheiten zuständigen Vizebürgermeisterin Pepi im Rathaus am Programm. Bei meiner Ankunft herrschte Chaos, jede Menge Journalisten, hochrangige Polizisten und Rotkreuzmitarbeiter mit langen Gesichtern verweigerten Interviews. Ende Februar war der Corona-Virus ja noch eine ferne Bedrohung, viel mehr, als die Stadt Wuhan berühmt zu machen hatte er bis dahin nicht zu Wege gebracht. Nur die griechische Regierung hatte wohl zu diesem Zeitpunkt eine Ahnung, was da auf uns zukam. Und beschloss, sämtliche öffentlichen Veranstaltungen zu untersagen. Als erste Europas, wohlgemerkt!
Und zwar mit einer für Griechen bis dahin unbekannten Entschlossenheit. Zum Abendessen war ich mit der reizenden Frau Vizebürgermeisterin Pepi im „Avli“ verabredet, zweifellos einem der besten Restaurants Kretas. Die Stimmung war allerdings anfangs etwas bedrückt, Beamte, welche die Anordnungen der Regierung nicht mit Nachdruck umsetzten, schilderte Pepi bedrückt, mit Gefängnisstrafen bedroht. Ein paar Flaschen besten Weins halfen dann doch ungemein, leider musste Pepi das Lokal durch die Hintertüre verlassen. In weiser Vorahnung wusste sie, dass die Kreter sich das feiern nur bedingt verbieten ließen, die Stadt war voller Menschen. Die sich allerdings schon bald ausgesprochen klug verhielten, wir kennen das ja mittlerweile auch. Ergebnis: die Griechen haben mit die niedrigsten Infektionszahlen Europas, wenn´s weiter so gut geht könnten wir im Juli wieder Urlaub auf Kreta machen!