Die Bahamas haben sich natürlich seit James Bonds Erlebnissen in `Fireball´ 1963 völlig verändert. Und dann auch wieder nicht. In der Abaco-See habe ich für den `Wiener´ einen Lokalaugenschein durchgeführt und das Image des Karibikparadieses auf seinen Wahrheitsgehalt abgesegelt.
Die Abaco Inseln bilden die äussere Grenze des riesigen Archipels der Bahamas mit seinen 700 Eilanden, hinter seinen östlichen Korallenriffen lauert der tiefblaue Atlantik. Wenn man sich allerdings von Florida her nähert, dominieren seichte, hellblau strahlende Lagunen und kleine Inseln mit Palmengeschmückten weissen Stränden eine Szenerie wie aus dem Traumurlaubkatalog , über die sich die kleine Propellermaschine dem Flugfeld von Treasure Cay auf Great Abaco nähert. Haarscharf über die Wipfel eines Pinienwaldes erfolgt der Landeanflug, millimetergenau setzen die beiden Pilotinnen, welche in Blondheit und Statur amerikanischer nicht aussehen könnten auf der kurzen Piste auf, der hübsche schwarze Steward legt kurz mal sein Handy zur Seite und öffnet die Tür. Ein alter Traktor knattert mit den Gepäckanhängern heran, der offensichtlich routinierte Chauffeur ruft den Damen im Cockpit ein joviales `Welcome back, Babies´ zu, was der Steward mit einem `not very professional´ kommentiert, das dürfte aber auf ununterbrochene Mobiltelephonnutzung während des Fluges auch zutreffen. Drüben in den USA wohl gemerkt, hier nimmt man es nicht so genau mit solch prosaischen Vorschriften, Willkommen auf den Bahamas!
Um nichts unentspannter laufen die Einreiseformalitäten ab, ganz anders als bei den überbürokratisch paranoiden US-Amis beim Umsteigen in Miami, zwar gibt man sich Mühe, den altbritischen Schein zu waren, der Zollbeamte wühlt einmal durchs Handgepäck, als würde er Salat durchmischen, seine Kollegin fragt, ob ich Zigaretten einführen wolle, nein, ich rolle selbst, sie riecht am Tabak und scheint enttäuscht zu sein, dass dieser nicht irgendwie süsslich riecht. Für die zwanzig Passagiere stehen ausreichend Taxis vor dem winzigen Flughafengebäude, einer davon wählt uns aus, ich darf vorne sitzen, freue mich darüber aber nur wenige Meter. Britischer Linksverkehr mit amerikanischen Rechtslenkern schreckt den unvorbereiteten Gast, manche gewöhnen sich lange nicht daran, mir kommen einige Fahrgäste mit schreckgeweiteten Augen entgegen. Nach dem dichten Nadelwald befragt freut sich der Fahrer über meine Neugier, ja, die sind ein gutes Zeichen, wachsen nur dort, wo reichlich Süsswasser unter der Erde schlummert, offensichtlich gibt´s davon genug. Man kann sich auch gleich neben der Strasse davon mit eigenen Augen überzeugen, das `Blue Hole´ ist ein kreisrundes Loch im Boden von etwa fünfzig Fuss Durchmesser, wie tief es ist weiss niemand, nicht einmal Jean-Michel Custeau, der das unterirdische Höhlensystem erforscht hat, mehr als einen Kilometer Kabel hat er verbraucht, dann schmeckte das Wasser salzig und er kehrte um.
Dabei ist es ja gerade das Meerwasser, dessentwegen die meisten Gäste hierher kommen, im Treasure Cay Resort zum Beispiel haben sich dutzende Amerikaner angesiedelt, direkt vor ihren Time-Share-Häuschen dümpeln in der Marina ihre beeindruckenden Motoryachten mit hohen Aufbauten, gerade jetzt werden sie wieder Einsatzbereit gemacht, unglaublich lange Angelruten stecken in verchromten Hülsen am Heck, vom Hochsitz späht ein Ausguck, abends will beim Big-Fish-Turnament jeder mit dem dicksten Marlin, Dolphin oder Grooper Punkte sammeln und den grossen Pokal abholen. Jenseits der Hauptstrasse wohnen in ihren kleinen bunten Villen die Golfer, jeder hat sein Wagerl vor der Türe um die achtzehn Löcher zu erreichen, auch dieser Sport kann gefährlich sein, wenn man in der Hitze des Gefechtes vergisst, auf welcher Strassenseite man hier öffentlichen Verkehr hat. Völlig gefahrlos kann man aber am schier endlosen blütenweissen Strand sein morgendliches Laufpensum absolvieren, da steht nix im Weg, nicht umsonst hat CNN ihn unter die Top-Ten-Beaches seiner jährlichen Rangliste gereiht, ungestörte Idylle soweit das Auge reicht.
Ich habe mich aber weder hierher begeben, um dem Müssiggang zu frönen, noch unter Zuhilfenahme grossvolumiger Verbrennungsmotoren unsere Trophäensammlung maritim zu bereichern, sondern um den Slogan `Abacos – Zentrum des Segelns´ auf seinen Wahrheitsgehalt zu überprüfen und der wohlschmeckenden wenngleich wehrlosen Conch nachzustellen. Die hat vor fünfzig Jahren Berühmtheit erlangt, Ursula Andress dachte, James Bond hätte es auf sie abgesehen gehabt, wer die Szene kennt kann sich dessen Präferenz vorstellen. Die Conch, eine Muschel, die zoologisch korrekterweise als Schnecke zu bezeichnen wäre, ist, obgleich unter Artenschutz stehend, so etwas wie das Grundnahrungsmittel der Insulaner, getrunken wird dazu in erster Linie Rumpunch in allen Variationen, eine nahrhafte, gesunde und fröhliche Diät.