Ganz ehrlich: meine Erwartungen an die Nikon 1 AW1 waren nicht hoch, als alter Spiegelreflexfreak erschien mir der 1-inch Sensor nicht gerade vielversprechend. Aber Karibik, Tauchen, Tropenregen, das Alles ruft nach Wasserfestigkeit, und damit hat sie mich mal rumgekriegt. Weil sie nämlich eines kann, was die anderen Kompaktkameras, die mit Unempfindlichkeit, geringem Gewicht und Abmessungen locken nicht drauf haben: Wechselobjektive! Mal sehen, was das handliche Gerät tatsächlich kann.
Die AW1 bietet zwar nicht das seit 60 Jahren unvergleichliche Flexibilität garantierende Nikon F-Bajonett, sonst wäre sie erst wieder unhandlich ausgefallen, aber mit dem neu entwickelten Anschluss hat man auch gleich eine Reihe von Linsen auf den Markt gebracht, welche ziemlich jeder Aufnahmesituation gewachsen sind. Und weil die Lichtbrechung unter Wasser verstärkt wird habe ich das 10mm 1:2,8 Weitwinkel, entsprechend einem 28er Kleinbildobjektiv, montiert und mich in die Unterwasserwelt vor Le Soufriere gleiten lassen.
Weil es erstens sehr früh am Morgen und zweitens mein Check Dive mit dem Master nach langer Tauchabstinenz war habe ich einfach mal das Programmwahlrädchen auf Unterwasser gestellt, deppensicher quasi. So hat die Nikon das denken für mich übernommen, während ich meine Aufmerksamkeit dem Tauchcomputer und seinen vergessenen Funktionen widmen konnte. Ergab brauchbare Schnappschüsse, allerdings ausschliesslich im komprimierten JPG ohne Aussicht auf substanzielle nachträgliche Verbesserung und die üblichen Artefakte, insbesonders die auffälligen Abstufungen in den Blautönen im Gegenlicht.
Also intensivere Beschäftigung mit der Bedienungsanleitung in der Pause vor dem folgenden Tauchgang. Unterwassereinstellung verhindert, wie alle Motivprogramme, die Aufzeichnung von RAW Datensätzen, eigentlich logisch, sollen diese doch die Aufnahmesituation interpretieren, was der anspruchsvolle Photograph selbst macht und so das Beste aus der Aufnahme herausholen kann. Diesmal also RAW, Belichtungsautomatik plus jeweils Korrektur, eine Blende rauf oder runter, je nach Ergebnis am Display.
Und dann haben wir uns an die Tiefengrenze der Kamera begeben, die mit 15 Metern originellerweise etwas höher als jene des Objektivs bei 20 Metern liegt. Und, ehrlich gesagt, dann auch an letztere, völlig ohne Probleme, irgendwann dazwischen beginnt das Display sich leicht zu wölben, aber das war´s dann auch schon. Alle Funktionen bleiben davon völlig unbeeindruckt, Auslösung und Einstellungen lassen sich mühelos betätigen, offensichtlich hat Nikon bei den Herstellerangaben ein beruhigendes Sicherheitsnetz gespannt.
Eine Überraschung erlebte ich erst, als ich die RAW Daten entwickelte und in Photos umgewandelt hatte: obwohl der Sensor mit 14,2 mio. Pixel auf ca. 116 Quadratmilimetern extrem Dicht bestückt und nur halb so gross ist, wie einer im Four Thirds Format oder gar nur ein Drittel eines APS-C Sensors misst, sind die Ergebnisse ganz vorzüglich! Selbst das Rauschen hält sich in Grenzen, nicht unerheblich, wenn man mit höherer Empfindlichkeit arbeitet und dunkle Partien unter Wasser häufig den Hintergrund dominieren. Wie eingangs erwähnt: damit hatte ich nicht gerechnet, hat meine Erwartungen bei weitem übertroffen!
Weil ich die Nikon schon mal dabei hatte, hab ich sie dann auch noch für ein paar Aufnahmen am Strand hergenommen, morgens, im Gegenlicht, Schatten unter Palmen. Und, siehe da: auch hier hat sie mich nicht enttäuscht, alles schön durchgezeichnet, prima Kontraste, feine Details, Zeichnung in Schatten und Lichtern!
Fehlt eigentlich nur noch ein hoch lichtstarkes Normalobjektiv, mit dem ich meine Portraits schiessen kann, oder jenes Programm, welches in der neuen Nikon S33 den Effekt von langer Brennweite mit offener Blende imitiert., dann wäre ich restlos glücklich. Aber im allgemeinen reicht die Nikon 1 AW 1 völlig, um mit einer einzigen Kamera und einem zweiten Objektiv alle Aufgaben zu erledigen, die man sich im Urlaub stellt, egal was die Umwelt auch für Stückerln spielt!