homolka_reist

die schwimmen, die Inseln…

…und rauchen dabei auch noch!

Kommt man heute aus dem Norden angeflogen kann man sich kaum vorstellen, wie ratlos Odysseus und seine Zeitgenossen herumirrten, von Legenden um schwimmende Inseln und launische göttliche Wesen verwirrt. Klar und deutlich in einer Reihe aufgefädelt weisen nämlich die hohen, kahlen Kegel den Weg, vom Vesuv ist´s nicht mehr weit zum Aetna, dazwischen, klar auszumachen mitten im funkelnden Tyrrhenischen Meer schickt Stromboli rhythmische seine Rauchwolke in den Himmel, so alle 20, 30 Minuten, wie ein gemütlich an der Pfeife nuckelnder Opa.

Erst aber Landung in Catania, dorthin fliegt man von Wien gerne auch direkt, Dario holt ab, der muss uns die nächsten Tage zusammen halten. Und erteilt gleich nach der Ankunft schon mal eine Lektion in Sachen sizilianischer Gastfreundschaft. Er weiss ja, dass die Fluggesellschaften sich heutzutage gerne das Catering sparen, also nehmen wir gleich mal „un snack“ in einem Café im Industriegelände nebenan. Das bietet auch „tavola calda“ an, ein Mittagsmenú welches von zahlreichen Geschäftsleuten aus der Gegend gerne genommen wird. Zum Café gehen sie vor die Tür und stecken sich mächtige Zigarren ins Gesicht. Willkommen in Sizilien!

An der Ostküste entlang geht´s dann hinauf zum Fährhafen nach Milazzo, Ausblick auf den Aetna, Giardini Naxos, Taormina, Skylla und Charibdis, also die Straße von Messina und das „il Continente“ genannte Festland inklusive. Milazzo in der Nebensaison empfängt ohne jede Hektik, erst als die Abfahrt näher rückt drängen in letzter Minute auftauchende Pendler aufs Pier. Dann wirft der Capitano die Dieselmaschinen an, dicke Rauchwolken hinterlassend schiebt sich das Tragflügelboot aus dem Hafen, hebt sich schließlich aus den Fluten und zischt friktionsfrei gen Norden.

Kurzer Halt in Vulcano, zwei Installateure steigen zu, haben wahrscheinlich nur schnell einen Wasserhahn repariert, rechtzeitig zum Abendessen sind sie wieder daheim bei Mama, brauchen sich gar nicht mehr umziehen, so fesche Arbeitskleidung haben halt nur die Italiener. In der Marina Lunga, dem kommerziellen Hafen von Lipari, springen sie hungrig in ihre Pandas, ein paar retournierte Verwandte vom Festland werden familiär begrüßt, die wenigen Touristen von Autovermietern und Hoteliers in Empfang genommen. Wir spazieren mit dem Direktor des Hotel Tritone in der Dämmerung die paar Meter durch die Stadt zum Monte Gallino wo wir in der lauen Abendluft auf der Terrasse des legendären Filippino unser wohlverdientes erstes Abendmahl einnehmen wie dereinst Mangani, Rosselini und die Bergmann.

Ihren vulkanischen Ursprung können die Eolischen nicht verhehlen, schon der morgendliche Blick aus dem Fenster in die üppige Vegetation weckt karibische Assoziationen. Ist natürlich Humbug, dort gibt es weder so fantastischen Cappuccino mit Kipferl zum Frühstück noch diese wunderbaren Hafenorte. Auch solche Strände wie den von Porticello. Weißen Sand, den vielleicht, aber Zeugen jahrtausendealter industrieller Geschichte? Hier hingegen haben sie schon vor siebentausend Jahren begonnen ihren Steinreichtum zu nutzen, Obsidian gehandelt, ohne das scharfkantige Mineral hätten sich unsere Vorfahren schwer mit dem Zerkleinern getan. In den Cave di Pomice an Liparis Westküste wird allerdings ein gänzlich anders gearteter Verwandter abgebaut, der Bimsstein nämlich.

Oder, besser: wurde. Die strahlend Weißen Steinbrüche sind jetzt ein Naturrervat, gespenstische Stille geht von den Maschinen aus, doch der Strand sucht seinesgleichen. Eine ganz eigene, zeitlose Stimmung herrscht hier, in der Havanna Beach Bar in einem ehemaligen Verladeterminal klimpern die Eiswürfel im Glas und auf dem Meer schwimmen die Weißen Steine.

Dank Diesel kann man sich an einem einzigen Tag gleich ein paar Inseln zu Gemüte führen, muss nicht wie Odysseus jahrelang herumirren. Das Geheimnis der schwimmenden Inseln ist dank Bekanntschaft mit dem Bimsstein de facto gelöst, dass die Argonauten weiteren Rätseln erst gar nicht auf den Grund gehen wollten versteht man, sobald man sich einigen weiteren Eilanden nähert. Vulcano etwa beeindruckt, wie bereits erwähnt, mit schwefeligem Aroma, außerdem dampft es allenthalben aus Felsspalten und Erdlöchern. Interessant, aber unspektakulär verglichen mit der Diva der Eolischen Inseln, Stromboli.

Tut man sich untertags von Ferne noch schwer, die allgegenwärtigen Schönwetterwölkchen, die um sich die Gipfel der Inseln treiben, vom Rauch zu unterscheiden, den der aktive Vulkan ausstößt, gibt´s abends aus der Nähe keine Zweifel mehr. Das Ding ist hochaktiv! Ganz im Gegensatz zu seinen Bewohnern, die lassen sich auch von Heerschaaren von Schaulustigen nicht beeindrucken, die täglich auf die Insel strömen, um entweder das Naturschauspiel zu bestaunen oder die Villa von Ingrid Bergmann zu suchen. Will man das auch braucht man nur im Hafen die Ohren aufsperren und den Skandinaviern folgen, Italiener muss man nach der Villa von Roberto Rossellini fragen. Das Ergebnis ist das Gleiche, haben die beiden doch anlässlich der Dreharbeiten zum gleichnamigen Film 1948 die Insel und einander lieben gelernt. Das Haus selbst ist eher unspektakulär, wenigstens die Fassade wird offensichtlich in Schuss gehalten, sonst gibt´s nicht viel zu sehen.

Außer, man dreht ihm den Rücken zu, dann erkennt man, vorausgesetzt die Dämmerung hat schon eingesetzt, den zarten Feuerschein der regelmäßigen kleinen Ausbrüche oben hinter dem Gipfel. Das erste Mal ist das ziemlich beunruhigend, aber man gewöhnt sich daran, regelmäßig entlässt der Vulkan Gase und entledigt sich so seines Überdrucks. So lange er das macht ist Alles okay, sagen die Geologen, kritisch wird es nur, wenn er eine Pause einlegt. Dann wird umgehend ein Aufstiegsverbot erlassen, die Ausflugsboote müssen mehr Abstand von der Insel lassen und das tägliche Leben; na ja, das geht ganz normal weiter, die Stromboliani lassen sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen, ziehen erst gar nicht die Schuhe an, um Fersengeld zu geben.

Tun sie nämlich sonst auch nicht, zumindest die Männer. Die latschen wie eh und je bloßfüßig durch den Ort, der abgeschliffene Vulkansteinboden ist ja eine angenehme Unterlage, vielleicht ein Bisschen heiß, wenn die Sonne direkt draufknallt. Aber dann stellen sie sich einfach in einen Supermarkt oder die Trafik, die bieten kühlen Marmor als Unterlage. Und Gesprächspartner für ein Schwätzchen. Wobei: wirklich viel Neues können sich die dann nicht erzählen, wie es den Anschein hat. Außer es knallt mal wieder ein Schnellboot bei hohem Seegang gegen´s Pier. Aber das passiert selten, viel zu selten, wenn es nach der Meinung der Insulaner geht. Dann haben sie nämlich erstens Gesprächsstoff und zweitens ein paar Tage lang ihre Ruhe. Ist nämlich so schön auf Stromboli, dass man eigentlich gar nicht teilen mag.

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Dieser Beitrag wurde am 2017/03/02 um 12:34 veröffentlicht. Er wurde unter eolische inseln, italien, SALZBURGER NACHRICHTEN, sizilien abgelegt und ist mit , , , , , , , , , , , getaggt. Lesezeichen hinzufügen für Permanentlink. Folge allen Kommentaren hier mit dem RSS-Feed für diesen Beitrag.

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