Lubljana verbindet mit Wien mehr als nur ein paar Jahrhunderte gemeinsame Habsburgerherrschaft. Deshalb erlauben wir uns es auch beim vetrauten Namen zu nennen.

ljubliana festival kulturzentrum, ex deutschorden kloster ©homolka.cc
Was für ein Glück, dass der Thronfolger Franz Ferdinand 1913 den Vorschlag des Lehrkörpers, Jože Plečnik zum Nachfolger Otto Wagners zu machen, ablehnte. Natürlich nicht für die Akademie, schon gar nicht für Wien, aber die Laibacher dürften sich heute noch ins Fäustchen lachen. Dank Plečniks Plänen sitzen sie nun gemütlich am abwechslungsreich gestalteten Ufer der Lublianica, plaudern lachen, schlürfen Kaffee, kaufen Fisch in der Markthalle, schlendern einfach nur am gurgelnden Fluss entlang oder lassen mal die müden Flüsse von einem der Schwimmflösse ins kühle Nass baumeln.

tromostovje, bezirkshauptmannschaft, markthalle ©Plečnik, photo©homolka.cc
Wobei man von der Schusterbrücke stromabwärts zum zentralen Prešeren Platz schlendernd den Eindruck gewinnen kann, der Laibach -so heißt das Gewässer nun mal auf Deutsch- würde bergauf fließen. Tut er natürlich nicht, doch der Anblick der schroffen Gipfel der Steiner Alpen direkt hinter den Häusern der Stadt erweckt diesen leicht paradoxen Eindruck. Scheint die Lublijanica auch zu irritieren, eng schmiegt sie sich an den Burgberg um sich kurz darauf in die Save zu ergießen und ordnungsgemäß via Donau zu entwässern. „Ist überhaupt ein sprunghaftes Gewässer, die Ljublijanica“ erzählt Jan, der hier Geschichte studiert hat. „Unter diesem Namen entspringt sie nämlich nur knapp 25 Kilometer östlich, insgesamt bringt sie´s auf 85 Kilometer Länge, wir nennen sie den Fluss mit den sieben Namen!“ Sie erhält nämlich einen eigenen für jedes Mal wenn sie wieder aus dem Karst hervorbricht.

grad, steiner alpen ©homolka.cc
Und weil sie dabei regelmäßig die Stadt überflutete traf es sich gut, dass unter der Habsburger Herrschaft sich zur Abwehr der Reformation Jesuiten ansiedelten. Die kümmerten sich nicht nur um den rechten Glauben sondern auch Lehre und Wissenschaft, der Ordensmann und Hydraulikprofessor Gabriel Gruber schuf etwa mit dem Gruber Kanal einen wirksamen Hochwasserschutz der zudem auch noch das Laibacher Moor entwässert. Und ganz nebenbei ist so ein sicherer Bauplatz für den Gruber Palast entstanden, der nun den südlichen Eingang in die Altstadt ziert. Von dort konnte der spätere Generalsuperintendent wohl schön beobachten, wie die Bauern aus dem, nun trockenen Umland, ihre Waren über die Stari Trg, die alte Gasse, auf den Marktplatz lieferten. Die erstreckt sich nämlich parallel zum Fluss bis hinter die Biegung am Franziskanerkloster, meist eingeengt vom Burgberg und den schmalen Häusern gegenüber, nur am Mestni Trg, dem Marktplatz, ist wirklich Platz.

mestni trg, marktplatz ©homolka.cc
Die Struktur der Altstadt ist zwar erkennbar Mittelalterlich, die Fassaden aber eindeutig von Renaissance und Barock geprägt. Das Facelift ihrer Flanierstrasse verdanken die Laibacher dem Erdbeben von 1511, genau wie die Bauordnung, die nur Gebäudebreiten von drei, maximal vier Fenstern gestattete. Was sich nunmehr in einer unglaublichen Vielzahl von Bars, Cafés und kleinen, feinen Restaurants niederschlägt, die dicht an dicht zum Genuss einladen. Und offensichtlich nicht nur von Touristen, sondern noch lieber von den Einheimischen genutzt werden. So gehört etwa ein Business Lunch im nach dem slowenischen Universalgelehrten benannten Restaurant Valvasor anscheinend zum guten Ton, mittags birst es beinahe, gut gekleidet gilt es Geschäfte zu besprechen, offensichtlich gehen diese gut in Slowenien.

stari trg, valvasor ©homolka.cc
Man darf sich aber durchaus in die erfrischend stylishen kleinen, na sagen wir mal: Tapas Bars wie das Balthazar oder Vino&Riba trauen. Zu Sardele, Sardoni, Kalamari, Prsut und Sir wird dort Malvázija, Refošk, Teran oder Špricer genossen, „Slowenien ist immer noch recht landwirtschaftlich geprägt“ erklärt Jan, der sein Wissen mittlerweile in den Dienst des Slowenischen Fremdenverkehrs gestellt hat. Und führt uns gleich weiter zum Markt auf dem Vodnik Platz auf dem täglich frische Ware aus der weiteren Umgebung angeboten wird. Den Platz gibt es erst seitdem das Erdbeben von 1895 ein Kloster dem Erdboden gleich gemacht hat, wieder eine Gelegenheit Laibach städtebaulich zu erneuern. Da Jože Plečnik bekanntlich in Wien abkömmlich war sicherte man sich seine Dienste in der Heimat, die wunderschöne Markthalle direkt am Fluss ist nur ein Mosaikstein in seinem klassizistischen Meisterwerk, die Tromostovje, drei Brücken welche fächerförmig die drei Achsen der Neustadt über den Fluss führen ein weiteres, vielleicht das bedeutendste, sie haben es zum Wahrzeichen der Stadt geschafft.

tromostovje bezirkshauptmannschaft markthalle
Kein Wunder, geben sie doch ein prachtvolles Photomotiv ab, ständig grinsen Touristenpärchen in ihre Smartphones. Wobei es gar nicht so einfach ist zu Entscheiden, welches Gebäude den Hintergrund abgeben soll. Denn am hier am Prešeren Platz drängen sich die Baudenkmäler nur so ins Bild. Einerseits natürlich die strahlend rote Fassade der Mariä Verkündigungs Kirche des Franziskaner Klosters, gleich nebenan das nach dem letzten Erdbeben im Stil der Wiener Sezession renovierte Haus des Farbenhändlers Feliks Urban. Seine Form erinnert an das Flat Iron Building in New York, während das Kaufhaus Emporium eher an die Galerie Lafayette angelehnt scheint, das Grand Hotel Union gleich dahinter wiederum könnte auch an der Promenade in Triest stehen. Aufpassen muss man allerdings mit Selfiesticks, hier trifft sich auch die Jugend allabendlich um zu entscheiden in welche Weinbar sie anschließend auf Rädern und Rollschuhen weiterziehen.

preseren, nightlife ©homolka.cc
Andrerseits könnten sie ihre Objektive aber auch auf die Burg richten, die in wechselnden Farben angeleuchtet über der Stadt thront. Natürlich haben die erste Festung die Römer auf keltischen Resten angelegt um ihre Legionsstadt Emona im Blick zu haben, welche slawische Stämme im Zuge der Völkerwanderung einebneten. Was den Franken, später dem böhmischen König Premysl Ottokar, den Spanheimern und schließlich Rudolf von Habsburg ermöglichte, Laibach ihrem Herrschaftsgebiet einzuverleiben und zur Hauptstadt der Grafschaft Krain zu machen und von ihrer Burg die Abwehrkriege gegen die Osmanen erfolgreich zu organisieren. Ältester Bewohner des Berges, beziehungsweise einer mythologischen Höhle darunter dürfte aber wohl jener berühmte Drache gewesen sein, welchen angeblich auch hier der heilige Georg erledigt hat. All diese mehr oder weniger geschichtlichen Ereignisse rund um die Burg werden von einer beeindruckend talentierten Schauspieltruppe auch dargestellt, eine erfreuliche Alternative zu den andernorts oft eher langweiligen Führungen. Anlässlich der Szene, in der Napoleon seine kurzes Gastspiel in Laibach gibt, erlaubt sich eine eingekerkerte Magd die im Vergleich zum als Befreier auftretenden Franzosen offensichtlich als angenehmer empfundenen Habsburger zu loben und die Jahrhunderte lange gemeinsame Geschichte mit dem Haus Österreich zu betonen.

grad, napoleon, oesterr. nonne ©homolka.cc
Ist auch gar nicht so einfach hier besonders große Unterschiede festzustellen. Weder in der Architektur, noch in der Mentalität, sicherlich was die Sprache anlangt, aber gar nicht in der Küche. Außer vielleicht in Sachen Meeresfrüchte, klar, da ist man geographisch in Laibach einfach näher an der Quelle. Außerdem hat sich die slowenische Gastronomie in den letzten Jahrzehnten dermaßen dynamisch zu einer Vielfalt und Dichte entwickelt, die staunen lässt. Selbst hier oben auf der Burg gibt es, nein, nicht ein, zwei ganz herausragende Restaurants. Das Restavracija Strelec im Schützenturm wird vom René Redzepi Schüler Igor Jagodic kreativ regional bekocht, die Burgwirtschaft Gostilna na Gradu gleich daneben dürfen Ex Skirennläuferin und Diplomatin Ana Roš und ihr Valter als Außenstelle ihres Kobarider Wirtshauses im kreativen Wettbewerb beraten. „Da weiss man gar nicht, welches man wählen soll“ fällt auch Jan die Entscheidung schwer, “ aber heute sieht man so schön bis in die Alpen, wir setzen uns auf bei Igor auf die Terrasse“ entscheidet er schließlich. Gute Wahl, die Aussicht ist tatsächlich traumhaft, Ana besuchen wir dann halt wenn´s dunkel ist.

igor jagodic, gostilna na gradu ©homolka.cc