homolka_reist

hauben im schnee

Selbst in der Redaktion von ONRAIL gibt es solche, denen im Schiurlaub das Pistenkilometerfressen über Alles geht. Die tanken ihre Energiespeicher ohne Murren rasch am Selbstbedienungstresen auf. Doch die Hedonisten unter uns, oder jene, die auch und gerade bei sportlicher Freizeitgestaltung darauf achten, was sie zu sich nehmen, dürfen sich an einer stetig wachsende Zahl gastronomischer Highlights direkt an den Pisten delektieren.

„Bei uns gibt´s weder Pommes noch Germknödel!“ Markus Widauer blickt erwartungsvoll hinaus auf die Talstation des Almlifts direkt vor seiner Forsthofalm, die Bergstation verbindet Leogang mit dem Schigebiet von Saalbach, zusammen mit jenem von Zell am See ergibt das die Pinzgauer Trilogie. Und mit der Eröffnung einer neuen Seilbahn auf den Reiterkogel welche die Verbindung nach Fieberbrunn herstellt, kann man nun das größte Zusammenhängende Schigebiet Österreichs bewerben. Beste Voraussetzungen für die notorischen Tageskartenausnutzer. Aber auch Genussspechte kommen hier auf ihre Rechnung.

So landen auf dem in der supermodernen offenen Küche des Restaurants in der Forsthofalm auch als Blickfang dienenden Holzkohlengrill, in erster Linie heimisches Biorind aus lokaler Produktion oder Wild aus den nahen Loferer Bergen – wo es von den Schifahrern noch nicht gar so verschreckt wurde – und dem Nationalpark Hohe Tauern. Natürlich denkt man auch an Vegetarier, selbst Vegane Wintersportler kommen auf ihre Rechnung, die derbe, hauptsächlich auf tierischem Protein basierte Hüttenkost hat spätestens mit der Ankunft der Nouvelle Cousine in Österreichs Wirtshäusern ja ihren Herrschaftsanspruch eingebüsst.

Auch Tanja Meilinger, Hüttenwirtin auf der Steinbockalm im Hochkönig Schigebiet auf der anderen Seite des Saalachtals bringt neuen Schwung in ihre Hütte. Sie hat den Saalbacher Mario Lohninger quasi heimgeholt und sich von ihm internationalen Flair in die Küche hauchen lassen. Nach Stages im Tantris, bei Wolfgang Puck im Spago und als Küchenchef im Danube in New York hat er für sein Silk in Frankfurt den Michelin Stern erkocht. Und beglückt nun eben die Gäste auf der Alm, etwa mit einem 2erlei vom Pinzgauer Kalb.

Gelernt hat er übrigens bei den Obauers unten in Werfen, den beiden legendären Kochgenies und, sicher weniger bekannt, bei der Konkurrenz ebenso gefürchteten Amateurracer. Wann und wo Rudi Obauer trainiert ist fraglich, den Chefs Cup bei Norbert Niederkofler im Hochabteital wird er wohl wieder gewinnen. Das Rezept für sein Dopingmittel ist jedoch bekannt, es heisst O-Power-Suppentopf, basiert auf einer kräftigen Bouillon und wird in der Burgstallhütte in Flachauwinkel geschwächten Sportler ambulant verabreicht, korrekt von deren Chef Franz Seiwald zubereitet. Der ist nämlich selbst vom Fach, hat mit den Obauers zwei Saisonen im Zürser Hof gekocht, bevor er in seiner 350 Jahre alte Knappenhütte wieder den Ofen angefeuert hat.

À propos Arlberg: den darf man getrost als den kulinarischen Olymp des Wintersports betrachten, hier war man immer schon auf die verwöhntesten Gäste eingestellt, sowohl drüben im Ländle als auch herüben im nach Selbsteinschätzung heiligen Land. Dem in der griechischen Götterwelt wirkenden Zeus entspricht am Arlberg wohl am ehesten Adi Werner, der Patron des Hospiz in Sankt Anton. Der hat zwar keine Götter um sich geschart, dafür aber der staunenden Hocharistokratie die alpine Gastlichkeit nahe gebracht. Mit der dem Tiroler eigenen Hartnäckigkeit hat er nicht nur das, gleich, nachdem er es von seinem Vater geerbt hatte, bis auf die 1386 gelegten Grundmauern abgebrannte einstige Schutzhaus wieder auf- und zum Luxushotel ausgebaut, sondern gleich auch den grössten und bedeutendsten Weinkeller der Alpen angelegt. Das man den Spinner aus den Bergen anfangs im Bordeaux nicht ganz ernstgenommen hat und er um die ersten Grossflaschen betteln musste ist mittlerweile nur noch eine nette Anekdote. Mit gut 5000 Jeroboams, Imperiales und noch größeren Gebinden bester Jahrgänge verfügt das Hospiz über den bestsortierten Keller der Alpen, das man da in der Küche ebenfalls nicht kleckert versteht sich von selber.

Auch die Gastronomie jenseits der Passhöhe kann sich sehn lassen, nicht nur wegen der originären Vorarlberger Architektur, die Nachbarschaftshilfe beim Zimmern im Bregenzerwald hat seit jeher aussergewöhnliche Baukunst gefördert. Andreas Schneider hat sich dieser Wurzeln besonnen und mit der Schneggarei Schihütte ein preiswürdiges Beispiel an die Tannbergstraße in Lech gestellt. Seit den erste Photos für die Architekturzeitschriften ist die Fassade wunderbar verwittert, die moderne Interpretation passt sich natürlich an die Vorbilder an. Weil der Name von den Schnecken auf der steilen Leiten kommt, haben sie auch auf die Speisekarte gefunden, noch beliebter bei den Hippen Gästen sind allerdings die Pizzen aus dem Holzofen.

Doch zurück nach Tirol, schliesslich gibt´s dort die höchsten Berge, die meisten Seilbahnen, und die schrillsten Locations sowieso. Genau, Ischgl, Party, Paris und Prosecco, und in der Stüva im Gourmethotel Yscla speist man auch auf Starniveau, die drei Hauben die Jungstar Benjamin Parth erkocht hat sollten Beweis genug sein. So anheimelnd altmodisch rätoromanisch wie der Hotelname und die Bezeichnung für die gute Stube des Restaurants präsentiert sich das Interieur, keine Spur von vordergründigem Promi Bling Bling stört hier. Wer trotzdem ein bisschen Duft der Fernsehwelt schnuppern will ist im Zillertal gut aufgehoben, im elterlichen Hotel Lamark kocht nämlich der als „…undalex“ aus dem TV bekannte Alexander Fankhauser. Auch nicht schlecht, ebenfalls mit drei Hauben und fünf Sternen dekoriert, da braucht man sich keine Sorgen machen.

Wenn es um die Ehre des höchstgelegenen Haubenrestaurants Österreichs stehen die Tiroler natürlich auch wieder in der ersten Reihe. Im Stubaital, das spätestens seit Woiferl Ambros´ Wedelhymne in Aller Munde ist, erwartet das Gourmet Restaurant Schaufelspitz in der Begstation am Eisgrat auf 2900 Metern die hungrigen unter ihnen. David Kostner kocht modern, kreativ und regional, das äussert sich zum Beispiel im Stubaier Ziegenfrischkäse, der vor den Augen des Gastes bei Tisch geräuchert wird. Dazu reicht man passende Spitzenweine, welche sich auf dieser Seehöhe oft überraschend anders entfalten. Und wer Sonnenterasse oder die Zirbenstube ohne Schischuhe genießen will bekommt sogar die Bergfahrt ersetzt!

Nur ein Tal weiter westlich muss man nicht einmal in die Gondel steigen, auch wenn in Hochgurgel gerade die neue Kirchenkar Bahn eröffnet wurde. Ihre Talstation steht direkt an der Timmelsjoch Hochalpenstraße, dient nebenbei als deren Mautstation, die man auch im Winter mit dem Auto erreicht. Überdies beherbergt der architektonisch anspruchsvolle Neubau des Top Mountain Crosspoint das höchstgelegene Motorradmuseum der Welt, die präsentierte Sammlung braucht sich nicht zu verstecken, genau so wenig wie das Restaurant, das auch noch Platz gefunden hat. Dort macht sich die Kreativität von Georg Zottl bemerkbar, der für die Eigentümerfamilie Scheiber schon das Chateaux et Relais Top Hotel Hochgurgel mit zwei Hauben geschmückt hat.

Selbst ein Stück vom Großglockner haben sich die Tiroler gesichert, von der Adlerlounge auf 2.500 Meter Seehöhe gelegen blickt man nicht nur auf diesen, sondern hat gleich noch 60 Dreitausender vor Augen. Und auch der Gaumen sollte nicht zu kurz kommen, das vielleicht exponiertest gelegene Haubenlokal wird einem nicht nur wegen der dünnen Luft den Atem rauben. Den Großglockner muss sich Osttirol bekanntlich teilen, Salzburg hatten wir schon, nichts wie hinunter also in den Süden nach Kärnten. Wenn schon denn schon dann gleich bis an die Grenze, am Nassfeld kann, ja muss man fast, auch in Italien abschwingen. Seit Arnold Pucher nicht mehr im Wulfenia seiner Kreativität freien Lauf lässt bleibt einem immer noch das beinahe gleichnamige Wulfenia da Livio direkt hinter dem Confine di Stato, der im Winter besonders unsichtbaren Staatsgrenze. Oder Sie steigen gleich im Hotel Sonnenalpe ab, mitten auf der Piste quasi, da werden Sie auch nicht hungern. Und schon sind wir wieder bei den Tirolern, Untergattung Süd diesmal, die verstehen was vom Genießen in den Bergen, schauen Sie sich ruhig unseren Extra-Tipp an. Die Verantwortung für allfälligen Gewichtszuwachs während ihres Winterurlaubs können wir allerdings nicht übernehmen!

 

SPEZIALTIPP

CARE´s – The Ethical Chefs Days
Wer sich die Entscheidung zwischen Schiurlaub und kulinarischem Gipfelsturm nicht zumuten will, der braucht nur der Einladung von Norbert Niederkofler in seine Rosa Alpina nach San Cassiano zu folgen. Das tun nämlich jeden Jänner auch ein paar der interessantesten Köche aus aller Welt, und nicht nur wegen der landschaftlichen Reize Südtirols. Seit 2004 schon lädt er befreundete Chefs zu sich ein, um mit ihnen plaudern, schifahren und, natürlich, kochen zu können. Aus der anfangs lockeren Woche wurde, der hochkarätigen Teilnehmer sei Dank, mittlerweile das wohl geschmackvollste Gipfeltreffen weit und breit. Vergangenes Jahr waren es immerhin 5 Dutzend Hauben- und Sternenköche, man kennt sich von Witzigmann, Bouley oder aus dem Hangar 7, in Alta Badia verteilen sie sich gleichmäßig über Berg und Tal. Wer gerade nicht am Herd steht trainiert mit Schistars vom Schlage eines Piero Gros auf der Gran Risa, die Stärkung auf der Schihütte bereiten derweil, genau wie die Degustations Menús am Abend im Hotel, die Kollegen, sind ja genug da. Dass Konkurrenz das Geschäft belebt schmeckt man bei jedem Bissen, besonders wenn beim karitativen Gala Diner im St. Hubertus für jeden Gang mindestens zwei Hauben Verantwortung tragen und selbst die Comis Michelin Stars sind spornen sie sich gegenseitig zu Höchstleistungen an. Durchaus kollegial, man hilft einander gerne aus, brutal wird es erst beim abschließenden Riesentorlauf. Da ist das Ergebnis auch nicht Geschmacksache, die Stoppuhr ist schließlich unbestechlicher als der Gaumen. Mal sehen, ob Rudi Obauer seine Siegesserie fortsetzen kann.

http://www.rosaalpina.it http://www.n-n.it/chefs-cup-alta-badia

13_niederkofler
12_18_gourmet_schnee.pdf

Dieser Beitrag wurde am 2015/12/09 um 12:43 veröffentlicht. Er wurde unter österreich, ESSEN&TRINKEN, kärnten, osttirol, salzburger land, südtirol, tirol, vorarlberg abgelegt und ist mit , , , , , , getaggt. Lesezeichen hinzufügen für Permanentlink. Folge allen Kommentaren hier mit dem RSS-Feed für diesen Beitrag.

Hinterlasse einen Kommentar